Dem Fort so nah
Berlenga Grande
19. September, 3:00 Uhr
15 Meter unter uns wandert der Anker über den Felsgrund. Das Kratzen bohrt sich in meine Ohren. Dass er sich losreißt, ist keine Option, denn die Klippen der Berlengas sind hier zum Greifen nah. Und der Wind bläst zwar schwach, aber konstant in Richtung der Insel. In dieser Nacht kommen wir nicht richtig zur Ruhe. Um drei Uhr geht Daniel nochmal an Deck. Legt ein paar Meter Kette nach. Adjustiert den Ankeralarm und schläft draußen, um notfalls schneller zu reagieren.
Als Nordsee-Segler sind wir es gewohnt, unsere Trips zu planen. Wenn es die Strömung und Gezeiten verlangen, stellt man eben den Wecker auf unschöne Zeiten. Aber spätestens seit Spanien hat dieser Druck abgenommen. Wir sind sorgloser geworden. Vielleicht etwas im Urlaubs-Modus. Und nach zwei Nächten im Clube Naval in Nazaré (nah an der Stadt, moderne Duschen, hilfsbereite Marineros, super Preis-Leistung) nicht so recht in die Gänge gekommen. Durch das Kreuzen gegen den Wind hat der Tagestrip auf die Berlengas länger gedauert.
Am Abend zuvor, 20:15 Uhr
Die Hauptinsel erreichen wir erst nach Sonnenuntergang. Selbst im Dunkeln hat unser Ankerplatz etwas Eindrucksvolles an sich. Vor 2000 Jahren war das Archipel der Berlangas eine heilige Stätte der Phönizier. Später nahmen sich hier Mönche der Schiffbrüchigen an, die hier angeschwemmt wurden. Bis sie selbst, von Hunger und Krankheiten geplagt, die Berlengas wieder verließen. Auf den Ruinen des Klosters entstand im 17. Jahrhundert das Fort São João Baptista, das gerade auf uns herab schaut. Die Lichter der winzigen Siedlung glitzern auf den Hängen.
Dunkles Wasser schwappt um uns herum. Wir haben uns Stirnlampen umgeschnallt, als wir zwischen Fischerbooten und Nussschalen nach einem Ankerplatz suchen. Jede Boje ist belegt. Die Boote hocken dicht aufeinander und das Ufer ist… viel zu nah. Irgendwie quetschen wir uns dazwischen, aber mit fortschreitender Nacht steigt die Flut und rüttelt an den Schiffen. Das ganze Ankerfeld schwollt.
9:15 Uhr
Es wird eine unruhige Nacht, aber morgens haben wir die Insel für uns. Es fühlt sich an, als wären wir die einzigen Menschen hier. Wir frühstücken draußen, umgeben von Wasser, das bei Tageslicht die Farbe von Gatorade hat. “Wer braucht da schon die Karibik”, sagt Stella.
“Ihr könnt hier nicht bleiben”, sagt kurz darauf ein Tour-Operator und fordert uns auf, weiter nördlich zu ankern. Vor dem Fort liegen wir wohl den Ausflugsschiffen im Weg, die jeden Tag aus Peniche übersetzen. Ihre massigen Silhouetten rücken schon am Horizont näher.
10 Uhr
Nach dem Umsetzen lassen wir das Dinghi zu Wasser, nehmen Kurs auf die Hauptinsel. Und suchen uns einen Weg durch die Höhlen und Grotten. Kormorane sitzen auf beige-rosa Granitfelsen und lassen sich die Sonne auf die Federn scheinen. Das Wasser ist so klar, als schaute man durch Glas. Es wimmelt nur so von Fischen. Schwärme stapeln sich an der Oberfläche übereinander und weichen erst im letzten Moment aus. In einer Stunde sehen wir mehr Fische, als bei so manchem Tauchgang. Kein Wunder, dass auf den Berlengas ein reger Tauch- und Schnorchelbetrieb herrscht. Wer richtig viel Glück hat, begegnet sogar einem Mondfisch. Brassen, Barsche und Lippfische tummeln sich in allen Ecken und Winkeln. Selbst, wenn man beim Wandern auf den kleinen Strand runterschaut, färben die Schwärme das Wasser.
Ein Privileg beim Segeln ist, dass man an Orte kommt, die nur schwer zugänglich sind. Spätestens wenn die Ausflugsboote wieder ablegen, können die Segler bleiben und sich ein wenig wie Robinson fühlen. Nur eben mit dem Luxus eines gefüllten Kühlschranks und warmen Kajüten.
Wir haben nachmittags den Anker gelichtet, das Fenster ist günstig für die Weiterfahrt nach Cascais und später Madeira. Aber allein die Möglichkeit, bleiben zu können, ist schon ein großes Glück. In solchen Momenten spukt ein “fahrt weiter” durch meine Gedanken. Auf die Galapagos Inseln. Nach Bora Bora und Vanuatu.
Wer individuell auf die Berlengas reist, sollte sich hier anmelden
Szenischer Ankerplatz im Süden der Berlengas mit Blick auf das Fort
Felsiger Grund
Wenig Schutz, Swell, mit einer unruhigen Nacht ist zu rechnen
Im Sommer sehr viel Verkehr durch Ausflugsboote - Mitte September war nicht ganz so viel los.
Die Insel bietet ein paar Wanderwege und Wassersport, ein Café und ein Restaurant. Am schönsten sind die Felsenhöhlen und Grotten, die man wunderbar mit dem Dinghi erkunden kann.